Roter Riesling

Die Schuhe sind nass
durch bis auf die Socken.
Für ein bisschen Luft
nehm ich das in Kauf.     
Mitten auf'm Weg
riesen große Brocken.  
Ob außen rum oder drüber -
es geht immer berg auf.  

In's Spiegelbild auf nassen Plätzen
hat sich etwas Wirklichkeit verirrt.
Frischer Wind reißt altes Fahnentuch in Fetzen.
Und hinter mir hat eben Glas geklirrt.
 

Plakate an der Wand -  
so nass sind sie noch bunter -
für irgend'ne Partei
das kultivierte Nichts.  
Der Penner dort im Eingang -
sieht er hoch, guckt ich runter.
Das Eis auf'm See der Tränen
eines Tages bricht's.

Und im Café gefüllte Tassen.
Ich geh vor bei, mir ist nicht kalt.
Nenn es Schicksal, nenn es Klassen.
Jeder wird für sich alleine alt.
 

Noch unter den Wolken vorbei
jagt ein Flieger   
und sieht den Weg mit Brocken
wie einen Strich aus Sand.
Nun geh ich doch in's Café.  
Ich bin halt kein Krieger.  
"Was ist Liebe?", sag ich als du fragst:
"Liebst du dieses Land?"   

Bring mir die TAZ und roten Riesling.
Und eine Kerze für's Gemüt.
Auf dem Plakat der nette Fiesling
feixt mich an: "Du weißt schon, was dir blüht."